Geschichte der St. Martins-Kirche

Die alte Pfarrkirche

 

vermutlich 11/12. Jahrhundert Bau der romanischen Kircheca.

 

1300

 

Ersterwähnung der Pfarre im "Liber valoris" und "Liber Procurationum".


Ende 14. Jahrhundert


Anbau des Südchores


1498


Klevische Soldaten plündern das Gotteshaus und beschädigen die Bausubstanz.


um 1500


die Pfarre hat etwa 300 Kommunikanten . Die Gesamtseelenzahl wird auf etwa 600 geschätzt.


1518


Die Kirche wird als Folge der Zerstörungen und aus Altersgründen baufällig. Der geldrische Herzog von Egmond gestattet am 14. November 1518 als Grundherr der Herrlichkeit Wankum und als Patronatsherr der Pfarre den Verkauf von 100 holl. Morgen Gemeindeland. Dieses "Geschenk" wird auf einen Wert von 10.000 Gulden geschätzt.


1559


Wankum scheidet aus der Erzdiözese Köln und dem Dekanat Süchteln aus und wird dem Bistum Roermond und dem Dekanat Krickenbeck zugeordnet. In der Bulle des Papstes Pius IV. aus dem Jahr 1561 sind für die Gemeinde folgende Plätze genannt: Langenfeldt, Wanckum, Intraedt (Ingenraedt) und Intbrouck (Bröker). Daraus kann geschlossen werden, dass außer in Wankum in diesen Häusern Hauskapellen existierten.


1582


Der Obrist Freiherr Hans Ulrich von Hohensachsen erscheint mit seinen Soldaten in Wankum. Er schlägt mit Äxten die verschlossene Tür des nördlichen Kirchenportals ein und dringt in das Gotteshaus ein. Die Kirche wird geplündert und in Brand gesteckt. Das Archiv der Pfarrkirche wird völlig vernichtet.


1604


Pfarrer Gansmaldt gibt eine zweite kleine Glocke in Auftrag, die nun neben der 1582 geretteten Glocke läutet. Bei dieser Glocke dürfte es sich um "dat Klempke" handeln, einer Glocke, die über Jahrhunderte ihren Dienst tat und heute, nachdem "ihr Glockenturm" 1969 abgerissen wurde, in der Pfarrkirche auf dem Fußboden der Turmkapelle ihr Dasein fristet.


1608


Albert und Isabella Clara Eugenie, Infanten von Spanien, Erzherzöge von Österreich, Herzöge von Burgund und Geldern, erlauben den Verkauf von "Gemeindegut" zur Reparatur der Kirche. Dieser Vorgang ist in einer im Original erhaltenen Urkunde vom 23. Juli 1608 dokumentiert. Auf der Rückseite dieser Urkunde ist vermerkt, dass "der Bischof von Roermond diese Beisteuer zum Gebrauch für die Kirche angewandt wissen will".


1617


Beginn des Wiederaufbaus. Das Dach wird um einen Meter gehoben. die 1582 gerettete Glocke wird wieder aufgehängt. Eine neue Turmuhr und eine neue Orgel werden installiert. Der Aufbau dauert drei Jahre.


1640


Beschaffung neuer Glocken. Ausbau der Kirchen-/Friedhofsmauer zu einer "Schanze" ("Kerkschanze"). Unter Pfarrer Schenk von Nydeggen wird den Gebrüdern Peter und Franz Hemony der Auftrag über den Guss von zwei neuen Glocken erteilt. Eine der Glocken, 2000 Pfund schwer, wurde dem hl. Martinus geweiht, die andere, 1500 Pfund schwer, der Mutter Gottes. Die beiden Brüder Hemony stammten aus Lothringen, lebten von 1640 - 1654 in Zutphen, danach in Amsterdam. Da in dieser Zeit der Transport der schweren Glocken über größere Entfernungen nicht gelöst war, wurden sie am Ort oder in der Nähe des Ortes ihrer endgültigen Bestimmung gegossen. Pfarrer Melts schreibt im Rentenbuch, dass die Glocken in Willich (Wylich) gegossen sind. Da der Verbleib der alten Glocke nicht dokumentiert ist, kann man annehmen, dass sie den Gebrüdern Hemony in Zahlung gegeben ist.


1683


Am 5. Juli erhält"die Schlosskapelle in der Burg von Langveld (Haus Langenfeld) Zelebrationserlaubnis. Eigentümerin ist Maria Josepha de Bruyn, Ehefrau des Schultheißen von Venlo.


1684


Der Blitz schlägt in den Kirchturm ein. Auf St. Johann beschädigt ein Blitz den Turm an der Ostseite und verursacht einen Brand in der Kirche, der Dank der Aufmerksamkeit der Nachbarn recht schnell gelöscht werden kann. Die Reparatur wird aus kirchlichen Mitteln und mit Spenden der Bevölkerung ausgeführt.


1693


Die alte Kirchenmauer ist verfallen und wird, mit kirchlichen Mitteln finanziert, wieder aufgebaut.


1733


Ein Sturm zerstört große Teile des Turmhelmes. Die Reparatur dauert zwei Monate und kostet 249 Gulden.


1777


Am 3. August erhält das Haus Ingenradt Zelebrationserlaubnis für "die verwitweten Damen" von Wevelinghoven.


1798


Französische Revolutionsheere fallen in Wankum ein und verbieten die öffentliche Darstellung des Christentums. Das Turmkreuz wird demontiert, die Grabkreuze werden in einer Scheune gestapelt. Sie werden unter Pfarrer Cammann wieder aufgestellt.


1821


Die Gemeinde wird dem Bistum Münster und dem Dekanat Geldern zugeordnet.


1834


Ein Teil der alten, teils verfallenen Friedhofsmauer wird durch die Firma Peter Otten/Wankum wieder aufgebaut.


1859


Errichtung eines neuen Friedhofes an der Straelener Straße unter Pfarrer Mungersdorf. Am 23. Juli empfiehlt der "Königliche Kreisbaumeister" aus Mönchengladbach, den alten Friedhof "wegen der begrenzten Fläche und der Nähe der Gräber zur Schule und zu den Wohnungen von Kaplan  und Lehrer aufzugeben und an anderer Stelle anzulegen". Der Kirchenvorstand beschließt am 30. Juli, den Friedhof "unmittelbar am Garten der Schule, des Kaplans, des Küsters Menden und des Schreiners Hammes" anzulegen. Aus heutiger Sicht westlich der Grundschule. Da die Kirchengemeinde zu dem im Kaufvertrag festgelegten Termin (30 August) die Genehmigung der "weltlichen Behörde" nicht vorlegen konnte, ließ der Grundstückeigentümer den Vertrag für nichtig erklären. Daraufhin beschloss der Kirchenvorstand am 12. September, den Friedhof an der Straelener Straße anzulegen. Wie das Schicksal es wollte, war Pfarrer Mungersdorf der erste, der am 08. September 1859 auf diesem Friedhof bestattet wurde.


1870


Mission mit Unterstützung  von Patres aus dem Kapuzienerkloster in Münster.


1883


Ein schweres Gewitter trifft den Kirchturm. Das Turmkreuz schlägt auf das Kirchdach und durchschlägt es. Das Haus des Schmiedemeisters Gielen und der Idscheshof fangen Feuer. Die Wachtendonker Feuerwehr unterstützt die Wankumer. Noch im gleichen Jahr wird der Turmhelm erneuert und eine neue Turmuhr eingebaut.


1889


Einbau einer neuen Orgel. Der bereits 1886 geplante Einbau einer neuen Orgel musste wegen fehlender finanzieller Mittel verschoben werden. Da die Orgel den Gottesdienst "in unerträglicher Weise stört", beschließt der Kirchenvorstand am 4. Februar 1889 die Vergabe des Auftrages an die Firma Rütter/Kevelaer. (Kosten 5 150 Mark). Noch fehlende 4 150 Mark sollten durch Umlage auf die Gemeindemitglieder aufgebracht werden.


1897


Regulierung der Grenzen zwischen Grefrath und Wankum. Der Bischof von Münster, Dr. Hermann Dingelstad, bittet, die Grenzen der Pfarrgemeinde an die lt. einem Erlass vom 25. März 1896 angeordnete Regulierung der Gemeindegrenzen anzugleichen. 


Nach der Genehmigung durch den Bischof von Münster wird ein Kreuzweg in der Pfarrkirche errichtet.


1906


Am 4. Januar beschließt der Kirchenvorstand den Abbruch der alten Kirche. Der Regierungspräsident stimmte dem beantragten Abriss am 24. Januar 1902 zu (Auflage: Grundriss und Fotos sind vorzulegen). Die Arbeiten werden in der "Geldernschen Zeitung" ausgeschrieben. Der Auftrag wird der Firma P. Krieger/Krefeld zu einem Betrag von 600 Mark erteilt.


Die Entscheidung über den Abbruch der Kirche ist der Pfarrgemeinde sicherlich nicht leicht gefallen. Die Kirche war jedoch baulich in einem nicht mehr akzeptablen Zustand. Außerdem war die Bevölkerung kontinuierlich gewachsen und der Raum reichte für die zwei Sonntagsmessen bei weiten nicht mehr aus.

 
Der Abbruch der alten Kirche erfolgt in den Monaten März bis April 1906. Der Kirchplatz wurde durch Strafgefangene aus der Arbeitsanstalt der Rheinprovinz in Brauweiler planiert.
 
 


Die neue Pfarrkirche

 

1898


Schon im Januar 1898 war der Vorsitzende des Kirchenvorstandes, Pfarrer Glasmachers, beauftragt worden, einen Architekten zu finden und von ihm einen ersten Entwurf des Kirchenbaus anzufordern. Die Entscheidung fiel auf den Architekten Pickel aus Düsseldorf. Pickel wurde in der ersten Besprechung darüber informiert, dass die neue Kirche auf "dem östlichen Teil des Pastoratsterrain" gebaut werden soll. Dazu musste allerdings das "Pastoralhaus" abgerissen werden.

 

1902

 

Mit dem Bau von Pastorat und Kirche sollte im Frühjahr 1902 begonnen werden. Im März wurden die Bauarbeiten an die Firma Pegels & Fervers in Kempen vergeben. Mit der Bauleitung wurde der Architekt J. van Aaken aus Kevelaer beauftragt. Am 18. Oktober 1903, nachmittags um 15.00 Uhr, wurde der Grundstein gelegt.

 

Im Oktober 1904 hatte der Neubau Formen angenommen. Der Rohbau einschließlich der Dachbekleidung war fertig gestellt. Die Aufstellung des Turmhelmes und die Verschieferung des Daches wurden in Angriff genommen. Trotz mancher Schwierigkeiten, die bis zur Fertigstellung zu überwinden waren, konnte die Kirche im Jahre 1905 fertig gestellt werden. Sie zeigte allerdings, weil es zeitlich und finanziell nicht anders möglich war, noch nicht den Glanz und die Ausstattung heutiger Tage.


Es ist hier eine Pfarrkirche entstanden, die ohne jeden Zweifel als neugotische Hallenkirche als eines der bedeutenden Bauwerke am Niederrhein gilt.


Nun stand schon bald das große Fest an, die Kirchenweihe. Straßen und Häuser wurden zur Begrüßung des Bischofs von Münster, Dr. Hermann Dingelstad, geschmückt. Am 29. August 1905 holten Radfahrer  den Bischof in Kempen ab. An der Wachtendonker Ortsgrenze empfingen ihn Wankumer Reiter und begleiteten ihn durch die beflaggten Straßen Wachtendonks in Richtung Wankum.

Dort begrüßten ihn am Ortseingang die Geistlichkeit, Bräutchen und der Kirchenchor.

Gegen 10 Uhr wurde die Reliquie St. Martins aus der alten Kirche geholt und gegen Mittag das Allerheiligste. Im von Pfarrer Glasmachers zelebrierten Hochamt hielt Bischof Hermann eine Predigt und weihte die neue Wankumer Pfarrkiche ein.


Am 25. Januar 1911 wurde die Endabrechnung für den Kirchenbau vorgelegt. die Gesamtkosten beliefen sich auf 161 665,69 Mark. Es wurde besonders erwähnt, dass die Finanzierung zu 100 % aus Eigenmitteln erfolgte.

Im Jahre 1906 veranstaltete die Kirchengemeinde in der Zeit vom 21. - 28. Oktober eine "Volksmission". Höhepunkt der Schlussfeier war die Einweihung des Triumphkreuzes in der Pfarrkirche und des Missionskreuzes im Bereich der Stelle, an der sich die Apsis der alten Pfarrkirche befand.

Missionskreuz auf dem Schulhof
 

Am 26. Juni 1918 verstarb Pfarrer Glasmachers. Bis zu seinem Tode war der Kirchenbau fertig gestellt und die Innenausstattung im Wesentlichen vollzogen. Er hatte "sein Werk vollendet".


Die Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1933 hatte auch Auswirkungen auf unsere kleine Gemeinde. Zu verspüren war, dass kirchliche Festtage, Wallfahrten und Prozessionen - unverzichtbare Bestandteile  des liturgischen Jahres- dauernde Zankäpfel zwischen den Nazis und den Gläubigen waren.

 

Kirchliche "Veranstaltungen" durften am Tage nach einem Fliegeralarm nicht durchgeführt werden. die Glocken durften "wegen Beeinträchtigung der Zielauffassung der Flak" nur an Werktagen zu einem Gottesdienst und an Sonntagen zum Hauptgottesdienst geläutet werden.


Am Morgen des 24. Februar 1945 fielen Sprengbomben und beschädigten die Kaplanei. Am Abend des gleichen Tages trafen Bomben den Schulhof und zerstörten das Missionskreuz und einige der alten Grabkreuze. Gleichzeitig wurde das Haus Gielen zerstört und der Bereich des südlichen Kirchenschiffs beschädigt. Auch Dach und Turm blieben nicht unverschont. Der westliche Teil des Turms wurde durch ein Panzergeschoss der amerikanischen Truppen am 2. März 1945 beschädigt.


Nach einer Unterbrechung von 14 Monaten konnte der Kirchenvorstand am 19. August 1945 sein erste Sitzung abhalten. Nun galt es, schnellsten die Schäden an der Kirche zu beseitigen, um auch wieder Gottesdienste unter akzeptablen äußeren Bedingungen feiern zu können.


Das zweite Vatikanische Konzil (11. Oktober 1962 - 08. Dezember 1965) leitete mit seinem ersten Dokument eine Erneuerung des Gottesdienste der Kirche ein.

 

Auch der liturgische Raum und seine Ausstattung waren davon betroffen. Der Altar sollte in die Mitte der Gemeinde rücken. Das hatte zur Folge, dass in Verbindung mit der Änderung der Zelebrationsrichtung (dem Volke zugewandt) der Altar von allen Seiten zugänglich sein und in Richtung Gemeinde zeigen musste.

Außerdem sollte der Ambo so aufgestellt werden, "dass der Vortragende von allen Seiten gut gehört und gesehen werden könne. Die früheren Kanzeln eignen sich normalerweise nicht als Ambonen, sollten aber je nach örtlichen Gegebenheiten erhalten bleiben." Aus diesen Richtlinien ergibt sich auch die Aufstellung des Chores, dem "eine volle Teilnahme am Gottesdienst ermöglicht und der daher nicht im Rücken der Gemeinde aufgestellt werden soll".


So sind die wichtigsten Veränderungen innerhalb des Kirchenraumes zu erklären und zu verstehen. Die Kanzel ist vermutlich wegen einer besseren Einsicht des Altarraumes 1963 entfernt worden, eine Demontage war nicht zwingend gefordert. Es sind im allgemeinen sehr schöne und akzeptable Lösungen gefunden worden, die, so ist zu hoffen, lange Zeit Bestand haben werden.


Eine wesentliche Verschönerung des Innenraumes war die Revitalisierung der Gewölbemalerei in den Jahren 1978/79. Leider waren bei der "Restaurierung" im Jahr 1939 aus heute nicht verständlichen Gründen alle Blumen, Blätter und Ranken durch einen Anstrich in hellem Farbton entfernt worden. Bei der Suche nach der alten "Zwickelmalerei" halfen Fotos aus privatem Besitz, da keinerlei zeichnerische Unterlagen vorhanden waren.

Daten zur Geschichte der Glocken


1917


Die "Marien" - Glocke musste demontiert werden und zum Einschmelzen (zu Kriegszwecken) abtransportiert werden. Somit verblieb als letzte Glocke (zusammen mit dem "Klempke") die alte "Martin" - Glocke. (Beide Glocken sind 1640 gegossene "Hemony" - Glocken).


1925


Erwerb der neuen Glocke "Regina pacis" und der "Michael" - Glocke.


1942


Demontage aller drei Glocken und Abtransport zu Kriegszwecken. Nur das "Klempke" verbleibt.


1949

 
Die "Martin" - Glocke kehrt heim. Sie muss nach kurzer Zeit wieder demontiert und wegen dringender Reparaturen in eine Gießerei gebracht werden.


1955


Erwerb neuer Glocken: die "Marien" - Glocke, die "Michael" - Glocke und die "Matthias" - Glocke.

1969


Das "Klempke" verliert seinen Glockenstuhl durch Abriss des Dachreiters.

 

2001


Reparatur und Sanierung der "Martin" - Glocke.



Quelle: Broschüre: 100 Jahre St. Martin Wankum 1905 - 2005
           Hans Druyen
           Herausg.: Pfarrgemeinde St. Martin Wankum - 2005